Die Verwerfungen in der globalen Verpackungsindustrie im Jahr 2021 - vor allem durch Covid - werden auch in diesem Jahr bestehen bleiben. Was genau passiert da? Was sind die Ursachen für diese Veränderungen? In diesem Artikel untersuchen wir die Entwicklungen sowie die Zukunftsaussichten.

Die Nachfrage nach Papier und Karton (mehr als ein Drittel des weltweiten Verpackungsmarktes von über 900 Milliarden Euro) steigt rasant an und wird auch in diesem Jahr das Angebot deutlich übersteigen. Dafür gibt es mehrere wichtige Triebkräfte: 

  1. Zunehmende Verwendung von Toilettenpapier in Schwellenländern wie Indien und China. Eine wachsende Mittelschicht, die mehr Toilettenpapier verbraucht, benötigt große Mengen an neuen und recycelten Fasern. 
  2. Die Covid-Pandemie hat zu einem Anstieg des weltweiten Verbrauchs von Toilettenpapier geführt. 
  3. Das europäische Verbot von Einwegplastik (SUPD) führt zu einer Verlagerung von Plastik zu Papier, Karton und Holzprodukten. 
  4. Während der Lockdowns wächst der ohnehin schon schnell wachsende Markt für Mahlzeiten zum Mitnehmen, zum Abholen und Lieferungen noch schneller. 
  5. Das Wachstum des Online-Shoppings hat sich während der Pandemie enorm beschleunigt. Allein in den Niederlanden wurden im Jahr 2020 524 Millionen Pakete zugestellt. Die Lieferboxen von Bol, Amazon und praktisch allen Online-Shops bestehen aus (recyceltem) Karton.

Die Folge von all dem ist eine ernsthafte Verknappung auf dem Weltmarkt für Papier und Pappe. Eine kurzfristige Erhöhung des Angebots ist relativ schwierig. Bewirtschaftete Wälder müssen ihre Größe beibehalten oder im Idealfall wachsen. Dies lässt sich nicht ohne weiteres kurzfristig erreichen. Außerdem liegt das Erntealter einer Birke oder Pappel für die Papierherstellung bei etwa 30 Jahren. Die Verwendung von Post-Consumer-Recyclingpapier ist eine sehr nachhaltige Wahl - allerdings sind die Recyclingquoten hier hoch, so dass diese Ressource bereits voll ausgeschöpft ist. 

Infolgedessen sind die Buchverlage gezwungen, die Veröffentlichung neuer Bücher entweder zu verzögern oder ganz einzustellen. Die Lieferzeiten für Papier und Pappe verlängern sich um viele Monate. Die Produkte sind über lange Zeiträume nicht lieferbar. Die Verarbeiter (die Zellstoff z. B. zu Pappbechern verarbeiten) müssen schnell entscheiden, um bestimmte Konditionen zu erhalten. Doch das ist oft unmöglich, da deren Kunden wiederum die Zustimmung ihrer Kunden benötigen. Es wird zu einem Sportmarkt mit volatilen Preisen. Die gleiche Knappheit und der gleiche Preisdruck gelten auch für (Bio-)Kunststoffe, Chemikalien, Klebstoffe und Pigmente. Alles Rohstoffe, die in Verpackungsprodukte einfließen. 

Hinzu kommen - milde ausgedrückt - große logistische Herausforderungen und Preissteigerungen. Die Kosten für die Verschiffung eines Containers von Asien nach Europa sind um das Fünffache gestiegen. Die Reedereien haben im Jahr 2021 mehr verdient als in den zwanzig Jahren zuvor, und die Kunden bestellen trotzdem weiter. Die Nachfrage bleibt bestehen, die Lagerbestände müssen aufgefüllt werden und die Produktion und Beschaffung kann nicht von heute auf morgen verlagert werden. Nicht zuletzt hat die Beschaffung aus Asien zu längeren Vorlaufzeiten, aber auch zu längeren Versandzeiten geführt, da die Häfen oft (teilweise) geschlossen sind oder Personalmangel herrscht (aufgrund lokaler Ausbrüche). 

Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Unternehmen die Beschaffungsquellen von China zurück in die EU verlagern. Dies ist eine positive Entwicklung und spart sowohl Transportkosten als auch die Passage durch zwei stark frequentierte Seehäfen. Die regionalen Aussichten sind hier jedoch kaum besser. Personalknappheit, hohe Energiekosten und steigende Rohstoffpreise sorgen für einen zunehmenden Preisdruck. Einige Kartonagenfabriken (vor allem für Pappbecher) nehmen keine neuen Kunden mehr auf und sind für dieses Jahr bereits ausgebucht.

Tatsache ist, dass die EU-Gesetzgebung SUPD den Markt für nachhaltige Alternativen weiter stimuliert hat. Die Verwendung von umweltschädlichem Einwegplastik wird in hohem Maße zurückgefahren. Das ist eine gute Nachricht. Die EU-Kampagne zur Einführung dieses Programms verlief nicht gerade reibungslos und hat bei vielen Beteiligten für Verwirrung gesorgt. Am anschaulichsten sind die folgenden zwei Entwicklungen: 

1. Das "Schildkröten"-Logo hat sich ziemlich schnell zu einer festen Größe in den großen Märkten entwickelt. Es ist gut, das Bewusstsein dafür zu schärfen, und es stimmt natürlich, dass der 5%ige Anteil der (Bio-)Kunststoffbeschichtung eines Pappbechers dem Recycling nicht förderlich ist und im Abfall schädlich ist. Bio Futura hat akzeptiert, dass Biokunststoffe - trotz ihres Mehrwerts - in dieser Gesetzgebung den konventionellen Kunststoffen gleichgestellt werden. Das bedeutet, dass kompostierbare Pappbecher (mit PLA-Beschichtung) mit dem Schildkrötenlogo versehen werden müssen. Das schreckliche Logo und die zusätzlichen (Druck-)Kosten, die auf die Hersteller und ihre Kunden abgewälzt werden, haben die Entwicklung einer neuen Generation von "plastikfreien" Papierbechern ausgelöst. Die Schlüsselfrage lautet hier: Was genau ist ein Polymer oder ein Kunststoffbestandteil? Dies ist vor allem eine Frage der Definition, und wenn es sich nicht um einen strukturellen Bestandteil eines Produkts handelt, enthält das Produkt laut EU keinen Kunststoff. Infolgedessen taucht eine Welle von Papierbechern und Kartonverpackungen auf, die zwar fossile Zusätze enthalten (um ein Auslaufen zu verhindern), aber eigentlich als plastikfrei gekennzeichnet sind, da der Zusatzstoff nicht als struktureller Bestandteil des Produkts angesehen wird. Bio Futura unterstützt die Entwicklung von Pappbechern ohne Beschichtung, da diese Becher viel besser recycelbar und leichter als (heim)kompostierbar zu zertifizieren sind. Mehr Monomaterialien und eine bessere Recyclingfähigkeit von Verpackungen sind sehr zu begrüßen. Wir würden uns jedoch wünschen, dass biobasierte statt fossiler Zusatzstoffe verwendet werden, und sind diesbezüglich recht positiv gestimmt.

2. Eine weitere merkwürdige Entwicklung ist, dass Einwegprodukte (wie z. B. Besteck) plötzlich als "Mehrweg" bezeichnet werden. Möglicherweise wurde dem Löffel ein paar Prozent (Bio-)Kunststoff zugesetzt, aber eigentlich wurde nur das Etikett der Verpackung ersetzt. Bio Futura lehnt dieses Phänomen entschieden ab. Wir erwarten, dass jemand, der Einwegbesteck kauft und benutzt, dieses Produkt nicht plötzlich 20 Mal wiederverwendet und weiter abspült. Ganz zu schweigen davon, wenn das Besteck zusammen mit einer Mahlzeit zum Mitnehmen geliefert wird. Der Verbraucher wird es einfach nicht über einen langen Zeitraum hinweg wiederverwenden. Diese Entwicklung qualifiziert sich für regelrechtes "Greenwashing". Abgesehen davon, dass es keine gute Alternative für wiederverwendbares Besteck gibt, bremst es auch die Entwicklung echter nachhaltiger Alternativen und erneuerbarer Ressourcen. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Knappheit und logistische Probleme zu weiteren Preissteigerungen und Inflation führen werden. Gleichzeitig sehen wir große Chancen, Verpackungen zum Mitnehmen nachhaltiger zu gestalten, eine regionale Produktion zu starten und eine ganz neue Generation von plastikfreien Verpackungen und Monomaterialien zu entwickeln.